Bericht zur Hospitation bei der Brandweer Zuid Limburg in der „Kazerne Heerlen“
Vorwort
Bevor ich mit meinem Bericht über die Hospitation bei der Brandweer Zuid Limburg beginne, möchte ich mich mit kurzen Worten bei einigen wirklich tollen Menschen bedanken.
Als erstes danke ich Jules Bertrand und Dominique Congiu sowie der gesamten Wachabteilung der Kaserne Heerlen von der Brandweer Zuid Limburg, welche mir diesen tollen, unvergesslichen und erlebnisreichen Dienst ermöglicht haben.
Des Weiteren möchte ich mich bei Philipp Allwißner und Rainer Thönes von der Berufsfeuerwehr Aachen herzlich bedanken, welche mir in diesen Monaten hervorragende Mentoren im Rahmen meines Abteilungsdienstes gewesen sind.
Zu guter Letzt bei meinem Freund Thomas Sprank, Kreisbrandmeister der StädteRegion Aachen, welcher die Kontakte über EMRIC hergestellt hat und abschließend bei meinem Ausbildungsleiter und stellv. Amtsleiter Michael Pütz, ohne diesen die gesamte Ausbildung in dieser Form überhaupt nicht möglich gewesen wäre.
Dieser Kurzbericht soll nur einen kleinen Einblick in das von mir Erlebte aufzeigen, und nimmt für sich keine ausführliche Berichterstattung in Anspruch.
Über Grenzen hinausschauen
Im Rahmen meiner Laufbahnausbildung 2.1 Feuerwehr, habe ich neben den schulischen Inhalten an unterschiedlichen Stationen in Nordrhein-Westfalen, auch bei verschiedenen Dienststellen Praktika absolvieren dürfen.
Neben Abschnitten im Zugführer bei der Feuerwehr der Stadt Velbert, der Berufsfeuerwehr Leverkusen, durfte ich im Rahmen des Abteilungsdienstes ebenfalls bei der Berufsfeuerwehr der Stadt Aachen meine Ausbildung absolvieren. Durch die enge grenznahe Zusammenarbeit der Länder Niederlande, Belgien und Deutschland, ist die Berufsfeuerwehr Aachen in vielen Bereichen der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr im Rahmen von EMRIC sehr aktiv.
EMRIC steht für den niederländischen Namen „Euregio Maas-Rijn Incidentenbestrijding en Crisisbeheersing“ (grob übersetzt: Euregio Maas-Rhein Einsatz- und Krisenbewältigung).
EMRIC ist ein einzigartiger Zusammenarbeitsverbund von Behörden, der für die Sicherheit in den Bereichen Brandschutz, technische Hilfeleistung und Rettungsdienst zuständig ist. In einer grenzreichen Region wie der Euregio Maas-Rhein können die ausländischen Hilfsdienste häufig schneller zur Stelle sein, als die eigenen Dienste. Wenn jede Sekunde zählt, ist schnelle Hilfe lebenswichtig.
Durch meine grenznahe Wohnortlage, habe ich schon viele Jahre Berührungspunkte beruflich sowie auch privat in die Niederlande. Hierdurch resultierte auch mein großes Interesse die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen von Feuerwehr und Rettungsdienst, auch über die Landesgrenzen hinaus, kennen zu lernen.
Aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit im Rettungsdienst bei der Feuerwehr in der StädteRegion Aachen, war ich unzählige Male in den Niederlanden im Einsatz. Unterschiedlicher könnten die Gesetzmäßigkeiten und die Arbeitsweisen in manchen Bereichen gar nicht sein, so haben sie doch alle das gleiche gemeinsame Ziel; die Versorgung und den Schutz der Menschen. Aber trotz aller Unterschiede war es immer ein tolles Erlebnis mit Tatkraft und Wissen zu unterstützen, aber auch von den Organisationen und Institutionen anderer Länder viel lernen zu können.
In vielen Bereichen der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr arbeiten die Niederlande auf einem sehr hohen und anspruchsvollen Standard. Abläufe sind teilweise ähnlich strukturiert, aber dabei immer enorm auf Effizienz zugeschnitten. In meiner persönlichen Erfahrung gelingt, vor allem bei der Brandweer (Feuerwehr), der immerwährende Spagat zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit deutlich besser als in der Bundesrepublik Deutschland. Es gibt aber, so wie in allen Bereichen, in beiden Ländern Vorteile und auch Nachteile. Somit würde ein Fazit im klassischen „besser – schlechter“ der Arbeit, welche voller Hingabe von den Einsatzkräften in beiden Ländern täglich durchgeführt wird, nicht gerecht werden.
Ein ausgefüllter Tag
Am Morgen des 9. März war es endlich soweit. Mein 24 Stunden Dienst in der Kaserne Heerlen begann pünktlich um 7 Uhr morgens.
Ich wurde von Dominique, dem Bevelvoerder (Gruppenführer) an diesem Tag , auf dem Parkplatz der Feuerwache abgeholt und sofort zur Wachablösung mitgenommen. Ich bin sehr herzlich aufgenommen und allen vorgestellt worden. Mir war es wichtig, dass alle Beteiligten mit mir überwiegend niederländisch sprechen.
Der Ablauf ist ähnlich dem anderer Feuerwehren in Deutschland, ein Informationsaustausch der kommenden und gehenden Wachabteilung mit den wichtigsten Inhalten für den Tag. Ich wurde an diesem Tag auf dem Tankautospuit (Tanklöschfahrzeug) eingeteilt. Im Einsatzdienst werden 6 bzw. 7 Funktionen vorgehalten. Besetzt wird hierbei eine Drehleiter sowie ein Tanklöschfahrzeug, welches Platz für 6 Einsatzkräfte bietet und in der Regel mit 4 Personen besetzt ist. Darüber hinaus verfügt das Löschfahrzeug, neben 1500 Litern Wasser, ebenfalls über eine Ausstattung zur erweiterten technischen Hilfeleistung (Akku betriebene Rettungsgeräte CC/CS, Stab-Fast® etc…..). Somit ist das niederländische Tanklöschfahrzeug eher mit dem deutschen HLF zu vergleichen. Klassische Gruppenfahrzeuge 1/8 sucht man in den Niederlanden, unabhängig ob freiwillige oder berufliche Feuerwehren, aber vergeblich.
Neben dem regulären Alarmdienst hat die Aus- und Fort-/Bildung einen hohen Stellenwert bei der Brandweer. Ich durfte mit der Kaserne Heerlen auf einem Übungsplatz technische Hilfeleistung trainieren. Hierbei lernte ich alternative und probate Möglichkeiten Personen aus verunfallten Fahrzeugen zu retten.
Was mir hierbei am meisten im imponierte war jedoch die Tatsache, dass die komplette Wachabteilung mit ihren Fahrzeugen während des Dienstes auf ein Übungsgelände fuhr um dort die Ausbildung unter optimalen Bedingungen, mit Übungsfahrzeugen und hervorragendem Material, abzuarbeiten.
Für die Ausbildungsdauer stand ein Trainer sowie Equipment zur Verfügung und die Meldkamer (Leitstelle) wurde lediglich über die geplante Übung informiert und die gesamte Wache konnte an der Ausbildung uneingeschränkt teilnehmen.
Nach der Ausbildungseinheit wurden die durchgeführten Maßnahmen ausführlich besprochen. Im Anschluss fuhren wir auch bereits den ersten Einsatz. Eine Person hinter verschlossener Wohnungstür. Die Polizei forderte hierbei die Feuerwehr zur Unterstützung an. Es konnte jedoch niemand angetroffen werden.
Auf dem Weg zurück zur Kazerne wurden wir von der Handhaving (ähnlich dem Ordnungsamt) angefordert.
Mutmaßlich wurden Behälter mit einer chemischen Substanz irregulär entsorgt. Der OVD Officier van Dienst (Einsatzleiter/Zugführer) wurde ebenfalls hinzugezogen. Ein weiteres Eingreifen der Brandweer war hier jedoch nicht erforderlich und die Behältnisse wurden durch die Handhaving selbst entsorgt. Die Feuerwehr hatte hierbei keine Zuständigkeit. Ein wesentlicher Unterschied zum Handlungsablauf in Deutschland.
Auf der Feuerwache zurück begann nun der gemeinsame Dienstsport. Hierzu kommt mehrmals in der Woche eigens ein Sporttrainer zur Feuerwache, welcher für jeden Kollegen ein Individuelles Trainingsprogramm zusammengestellt hatte.
Ein sehr gut ausgestatteter Sportraum sowie eine Sporthalle standen in der Kaserne hierzu zur Verfügung.
Nach den individuellen Sporteinheiten wurde mit der gesamten Wachmannschaft gemeinsam Fussballbingo gespielt.
Noch während des Dienstsportes ging erneut der Alarm zu einem Brandeinsatz in die Nachgemeinde. Unverzüglich besetzte die Wachmannschaft das Tankautospuit mit allen verfügbaren Einsatzkräften, um die Kollegen der Nachbarwache bei einer Menschenrettung als weiterer Sicherheitstrupp bestmöglich zu Unterstützen. Umgehend rüsteten sich während der Anfahrt zwei Trupps mit Atemschutz aus.
Der Maßgebliche Vorteil ist hierbei eindeutig, dass der Brandschutz nicht kommunal organisiert ist. Somit steigt die Effizienz, gerade für kritische Einsatzszenarien, enorm.
Die Brandweer in den Niederlanden ist in maximal 25 Regionen aufgeteilt.
Für die Feuerwehr gelten Standards für Ankunftszeiten, die je nach Gemeinde auf der Grundlage der Gefahrenstufe und der Einwohnerzahl eines Dienstgebiets variieren. Die Reaktionszeit von 8 Minuten wird überall angestrebt.
Noch auf der Anfahrt konnte die Einsatzfahrt jedoch abgebrochen werden.
Als Gast durfte ich mir das Gericht für das gemeinsame Essen aussuchen. Natürliche wählte ich Frikandeln, Bitterballen und Fritten. ???? Zurück in der Kaserne hat die Wachmannschaft dann gemeinsam gekocht. Es schmeckte vorzüglich.
Bereits nach dem Essen ging es zum nächsten Einsatz. Hierbei wurde ein Verkehrsunfall mit zwei PKW gemeldet.
Was mich hierbei beeindruckte war die fortschrittliche Technik, wodurch selbst die Einsatzfahrten zu einem Erlebnis wurden. Die Einsatzfahrzeuge in den Niederlanden sind mit Transpondern ausgestattet, sodass alle Ampeln auf dem Weg zur Einsatzstelle auf grün geschaltet werden können. Selbst in den Abendstunden und im sehr dichtem Verkehr verliefen die Einsatzfahrten hierdurch nahezu problemlos.
Auch die seit vielen Jahren komplett digitalen Alarmierungseinrichtungen sind beeindruckend. Durch die integrierten Leitstellen von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei, sind die Synergieeffekte deutlich spürbar. Bei einem gemeinsamen Einsatz der verschiedenen Behörden, stellt die Leitstelle in allen beteiligten Fahrzeugen die MRT und HRT Funkgeräte automatisch auf die gemeinsamen Rufgruppen.
In der Nacht wurden wir zu einem Binnenbrand (Zimmerbrand) alarmiert. Hierbei waren wir als erste Einheit vor Ort. Andere Kasernen waren ebenfalls alarmiert sowie der OVD und der Rettungsdienst.
Das taktische Vorgehen unterscheidet sich im Wesentlichen durch das Vorgehen des Bevelvoerder (Gruppenführer) mittels PA, welcher gemeinsam mit dem Angriffstrupp in das Gebäude vorgeht. Des Weiteren ist die Vornahme eines formstabilen „Schnellangriff“ etabliert und auch die Nutzung von Hochdruckeinrichtungen ist in den Niederlanden grundlegend.
Bis zum nächsten Mal?
Mein Dienst bei der Brandweer Zuid Limburg hat mir hervorragend gefallen und ich bin sehr dankbar für die Eindrücke und die Erfahrungen welche ich sammeln durfte.
Zwar sind die Unterschiede in beiden Systemen in manchen Punkten einschneidend, so ist aber das Ziel und die Passion in beiden Ländern gleich.
Ich hoffe sehr noch einmal die Möglichkeit zu bekommen in den Niederlanden bei der Brandweer hospitieren zu dürfen.
R.Steudel
Herzogenrath, den 15.01.2024